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Autorenkollektiv: Arbeitsmaterialien zur planmäßigen weiteren Einsatzvorbereitung der Mikrofilmtechnik an Hochschulen. Zentralinstitut für Hochschulbildung, Berlin 1984, S. 43-52

Patientenbezogene Informationen aus den Betreuungseinheiten (Fachabteilungen, Stationen) und Funktionseinheiten liegen

1. in der Form der Betreuungsdokumentation ( "Patientenakte" ), d. h. als Gesamtheit der Belege/Befunde, die während der Behandlung eines Patienten anfallen und zu einem Teil in Auswertung apparativer Aufzeichnungen entstehen, sowie
2. als apparative Aufzeichnungen selbst vor.

Nachfolgend wird von patientenbezogenen Informationen nur im Sinne der Betreuungsdokumentation (Patientenakte) gesprochen. Allgemein ist die Speicherung und Bereitstellung patientenbezogener Informationen unbefriedigend; folgende Mängel treten besonders hervor: - unzureichender Schutz der Unterlagen vor physischer Schädigung, vor Vernichtung im Katastrophenfall und vor unkontrolliertem Zugriff; - eingeschränkte Verfügbarkeit der Unterlagen auf Grund organisationstechnischer und organisatorischer Mängel (Falscheinstellungen von Betreuungsdokumentationen in der Registratur, im Archiv u. a.); - lange Zugriffszeiten zu älteren Unterlagen; - fehlende Voraussetzungen für einen problemlosen Austausch von Unterlagen bei Überweisungen von Patienten und für die Zusammenführung aller einen Patienten betreffenden Informationen; - unzureichende Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten in den Registraturen und Archiven. Dadurch entstehen höherer Arbeitsaufwand bei der Befundung, Beeinträchtigung der medizinischen Betreuung sowie erhebliche Einschränkungen der Auswertbarkeit patientenbezogener Informationen für die Forschungs- und Lehrtätigkeit. Die dringend notwendige Veränderung ist jedoch allein mit konventionellen Mitteln und der EDV nicht zu erreichen. Der Mikrofilm bietet seit längerer Zeit für die Speicherung und Bereitstellung patientenbezogener Informationen effektive Lösungen. In der internationalen Literatur werden überwiegend Jacket - Rollfilm - Archive beschrieben. Dabei wird der effektive Einsatz des Mikrofilms im Vergleich zu konventionellen Archivmethoden hervorgehoben und die Nutzung der MFT für die Speicherung patientenbezogener Informationen insgesamt befürwortet. Die Anwendung dieser Technik ist entsprechend der /Richtlinie über die Mikroverfilmung/ auch in den medizinischen Einrichtungen der DDR grundsätzlich möglich. In Forst, Schwerin, Jena und Hermsdorf wird die Mikrofilmtechnik bereits eingesetzt; in den medizinischen Einrichtungen dieser Städte gibt es diesbezüglich bereits Erfahrungen (vgl. Tab. 5). In den Bezirkskrankenhäusern wärtig die MFT - Einsatzvorbereitung.

Medizinische Einrichtungen der DDR mit Anwendung der MFT für die Speicherung patientenbezogener Informationen.

Einrichtung MFT-System Verfilmende Institution Verfilmung seit Aktive Arbeit mit Film seit Verfilmte Unterlagen Zwischen-Archivierung
Kreiskranken-haus Forst/ Lausitz 16-mm-Rollfilm DAT 16 Selbst 1976 1979 Akten stationär behandelter Patienten Sofort-verfilmung
Bezirks-krankenhaus Schwerin Planfilm A 100 Fremd 1976 1978 Befunde aus dem Nuklearmedizinischen Institut 3 Jahre ++
Friedrich-Schiller-Universität Jena 16-mm-Rollfilm DAT 16 Selbst 1977 Vorgesehen Akten stationär behandelter Patienten der Medizini-schen Klinik 5 Jahre
Betriebs-poliklink VEB Keramische Werke Hermsdorf Planfilm A 100 Fremd 1978 Vorgesehen Akten ambulant behandelter Patienten Ohne +++


Quellen: . + /Lerche, 1977 (a) u. (b)/
++ /Eckstein; Karsten; Lerche, 1982/
+++ /Köhler; Vesper, 1980/

Will man den Stand des Einsatzes der Mikrofilmtechnik zur Speicherung und Bereitstellung patientenbezogener Informationen real einschätzen, so ist zu beachten: Derzeitig treten in der DDR noch Probleme bei der Verfilmung von Patientenakten und bei der Nutzung des Mikrofilms durch die Ärzte und durch das mittlere medizinische Personal auf (darauf wird noch einzugehen sein - vgl. S. 51). Hinzu kommt, daß gegenwärtig eine einheitliche Betreuungsdokumentation eingeführt wird /Mitteilung über die Einführung/. Deshalb gibt es, beide Probleme aufeinander abgestimmt zu lösen. An Hand der Literatur und der bis jetzt gewonnenen praktischen Erfahrungen in der DDR kann man folgendes sagen:
- nimmt man die Anforderungen an die medizinische Betreuung, Lehre und Forschung ernst, so gibt es angesichts der sich zuspitzenden Situation bei der Speicherung und Bereitstellung patientenbezogener Informationen auch bei uns keine echte Alternative zum Mikrofilm.
- Man sollte deshalb nicht länger fragen, ob die MFT für diese Aufgaben eingesetzt werden kann, sondern wie dies unter unseren Bedingungen erfolgen sollte. Durch die Verfilmung von Patientenakten sind vor allem drei Effekte zu erwarten:
- rationelle Speicherung und Bereitstellung der Patientenakte zur besseren Befriedigung des in der medizinischen Betreuung auftretenden Informationsbedarfs,
- höhere Sicherheit durch Arbeit mit Kopien bzw. Duplikaten,
- Raumeinsparung von über 90 % gegenüber konventionellen Speichermitteln,
- Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen in den Registraturen und Archiven. Die Mikrofilmtechnik wird in der medizinischen Betreuung z. Zt. hauptsächlich für die Betreuungsdokumentationen von stationär behandelten Patienten genutzt.+ Auf die dafür erforderlichen technischen und organisatorischen Voraussetzungen wollen wir nun eingehen:

+ Unter Beachtung entsprechender Voraussetzungen ist natürlich auch die Verfilmung ambulanter Betreuungsdokumentationen möglich /Köhler, 1980/.

Die Betreuungsdokumentation ist von Krankenhaus zu Krankenhaus recht unterschiedlich und wird - neben nicht zu unterschätzenden subjektiven Einflüssen - weitgehend vom Profil der jeweiligen Einrichtung bestimmt. Einen bedeutenden Fortschritt bringt hier zweifellos die Einführung der einheitlichen stationären Betreuungsdokumentation. Ihre mikrofilmgerechte Gestaltung ist entscheidend für die Verfilmung. An der Medizinischen Klinik der Medizinischen Akademie Magdeburg wurden 100 Patientenakten auf ihre mikrofilmgerechte Gestaltung hin analysiert. Dabei wurden sowohl allgemeine als auch mikrofilmspezifische Mängel festgestellt, die in nachfolgender Übersicht zusammengefaßt sind /Eckstein u. a. , 1980/:

1. Allgemeine Mängel

- Krankenblattvorderseite stark beschädigt
- Unleserliche Handschrift und Stempel
- Fehlen und Unvollständigkeit des Arztbriefes
- EKG unsauber geklebt, unleserlich beschriftet und nicht ausgewertet
- Sogenannte Fieberkurve mit unsauberer Korrektur und nicht vollständig eingetragenen Laborbefunden
- Röntgenbefunde unsauber geklebt.

2. Mikrofilmspezifische Mängel

- Teile der Patientenakte geheftet
- Anwendung von Farben mit Symbolcharakter
- Ablage von kontrastarmen handschriftlichen Durchschlägen
- Verwendung von Blei- und Kopierstiften
- Kontrastarme Vordrucke (besonders der Farbe Rot, z. B. EKG - Raster).

Der Mikrofilm benötigt grundlegend eine kontrastreiche Vorlage. Aus diesem Grunde ist bei der Einsatzvorbereitung der MFT in der Medizin eine Arbeitsordnung zur mikrofilmgerechten Gestaltung der Patientenakte zu fordern (Beispiel: Bezirkskrankenhaus Karl-Marx-Stadt). Vorlagen, die so vorbereitet sind, zeigen gute Ergebnisse nach der Verfilmung (handschriftliche Dokumentationen machen dabei keine Ausnahme). Die aus vorwiegend traditionellen Gründen verwendete kontrastarme Farbe Rot ist für die Mikroverfilmung ein Problem, das möglicherweise durch die Anwendung von entsprechenden Filtern gelöst werden kann. An der Verfilmung von EKG und EEG (insbesondere mit rotem Raster) in guter Qualität wird derzeit gearbeitet. Mehrfarbige Szintigramme jedoch stellen zur Zeit ein echtes Verfilmungshindernis dar. Die Mikroverfilmung von Röntgenbildern erscheint aus der heutigen Sicht praktisch ausschließlich im Verfahren des elektronischen Kontrastausgleiches möglich /ROSS, 1979/. Insgesamt kann man feststellen, dass die Patientenakte als Verfilmungsvorlage im Vergleich zu den klassischen Einsatzgebieten aufgrund ihrer ausgesprochenen Heterogenität und Farbigkeit neue Probleme für die Mikrofilmtechnik aufwirft. Kontrastreiche Verfilmungsvorlagen vorausgesetzt, ist die Aufbereitung der Patientenakten für die Verfilmung nach folgenden Grundsätzen vorzunehmen:
- Zuerst erscheinen immer die Angaben zur Patientenidentifikation und Recherchehinweise, zur Epikrise (als Zusammenfassung der Patientenakte) und zur Fortschreibungsanamnese.
- Name, Personenkennzahl und sogenannte Gefährdungen sollten ohne Hilfsmittel zu lesen sein.
- Weitere wichtige Teile der Akte sind durch makroskopisch lesbare Pictogramme hervorzuheben (z. B. EKG, Röntgen, Lokalbefund u. a.) /Eckstein u. a., 1980/.

Bei der Entscheidung über Eigen- und Serviceverfilmung sind die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen; eine Empfehlung über den einzuschlagenden Weg kann nicht gegeben werden (vgl. Tab. 5). Grundsätzlich erscheint jedoch im Sinne der sozialistischen Gemeinschaftsarbeit die Nutzung örtlicher Reserven von größter Bedeutung.

Aus heutiger Sicht wären das "lebende" Microfiche bzw. ein 16mm - Rollfilm - Jacketsystem angebracht+, Klebetechnik und Konvertierduplizierenden wären ebenfalls denkbar. Das herkömmliche Microfiche (Silberfilm) ist an bestimmte Bedingungen gebunden, die sein Anwendungsfeld für die Speicherung patientenbezogener Informationen einschränken. Hinsichtlich der Lese-, Rückvergrößerungs- und Dupliziertechnik gelten die gleichen Forderungen wie bei den "klassischen" MFT - Einsatzgebieten in Industrie und Die Schaffung der materiellen Voraussetzungen für Jacketsysteme ist im 5-Jahrplan 1981 - 1985 vorgesehen.

Bibliothekswesen. Für die Visite des Arztes erscheinen Handlesegeräte und oder fahrbare Lesetechnikeinheiten günstig /ECKSTEIN; HARHOFF, 1981/. Die bisher verwendeten Kameras DAT 16, DAT 2 und A 100 (Tab. 5) mit handelsüblichem Film DK 5 bzw. MA 8 brachten insgesamt gesehen gute Ergebnisse bei der Mikroverfilmung von Patientenakten.

Ist die Patientenakte abgeschlossen (d. h. die Epikrise geschrieben) und entsprechend aufbereitet, sollte verfilmt werden. Ein sogenanntes "Zwischenarchiv" erscheint nicht sinnvoll, da der Aufwand zur Führung von zwei gleichzeitig existierenden Archiven zu hoch ist. Aus diesem Grunde sollte die Verfilmung zum frühest möglichen Zeitpunkt geschehen. Denkbar - aber noch zu testen - wäre es auch, dann zu verfilmen, wenn die Betreuungsdokumentation einen bestimmten Umfang erreicht hat (kombinierte Aufbewahrung von Papier - Einstellmappe/ Deckblatt und Epikrisen - und Film - sonstige Teile). Hier könnte auch mit dem herkömmlichen Mikrofiche effektiv gearbeitet werden.

Die Speicherorganisation ist von den Gegebenheiten abhängig. Die Anlage eines Speichers, der Sicherheit für die verfilmte Patientenakte garantiert, erscheint zwingend nötig. Die Kopier- und Duplizierfähigkeit des Films ist für die Schaffung von Arbeitsplatzspeichern generell zu nutzen. Für die medizinische Betreuung ist die Personenkennzahl das verbindliche Ordnungskriterium. Für Arbeitsplatzspeicher bzw. für Belange der Forschung kommen andere entsprechende Systeme in Frage. Wegen der großen Informationsdichte (Schweigepflicht!) sind verschärfte Sicherheitsbestimmungen einzuhalten.

Das Nuklearmedizinische Institut des Bezirkskrankenhauses Schwerin und das Kreiskrankenhaus Forst verfügen über Erfahrungen hinsichtlich der Nutzung von Mikrofilmen durch Ärzte und Schwestern. Seit etwa 5 Jahren gehören dort Mikrofilme zum Alltag im Achivwesen /ECKSTEIN u. a., 1982/. Es hat sich gezeigt, dass - von einer anfänglichen Reserviertheit abgesehen - die Einstellung zur Arbeit mit dem Film nach und nach besser wurde. Weitere Erfahrungen werden aus den Modellfällen (Tabelle 5) zu gewinnen sein, wenn die Nutzung des Mikrofilms dort beginnt. Grundsätzlich sollte aus vorwiegend ökonomischen Gründen auf eine aktive Arbeit mit dem Mikrofilm am Lesegerät orientiert werden.

Prinzipiell ist die MFT als Teil im System der Methoden für die Speicherung und Bereitstellung patientenbezogener Informationen zu sehen. Erst ihre sinnvolle Verknüpfung mit der EDV und den anderen herkömmlichen Archivmethoden wird den erwarteten Effekt bringen. Wenn auch in der DDR dazu noch keine praktischen Erfahrungen existieren, sollte jedoch bei der Einsatzvorbereitung das Gesamtsystem im Blickfeld behalten werden. Beim Beginn der Arbeiten zur Einsatzvorbereitung der MFT an den Hochschulen sollten u. a. folgende Erfahrungen der Mikrofilmstellen der medizinischen Einrichtungen genutzt werden:
- Es ist eine kontinuierliche Führung der Prozesse durch staatliche Leitung, Partei, FDJ und Gewerkschaft zu sichern.
- Die Nutzer sind in das Projekt von Beginn an einzubeziehen.
- Die Besonderheiten des Mikrofilmeinsatzes in der Medizin sind hinreichend zu beachten.
- Die Einführung des Mikrofilms ist mit der arbeitswissenschaftlichen Durchdringung der Dokumentations- und Informationsprozesse (Dokumentationsordnung u. a.) sowie mit der Einführung der einheitlichen Betreuungsdokumentation zu verbinden.

Literaturverzeichnis

Eckstein, D.; Harhoff, S.: Zu Fragen der materiell-technischen Basis des Mikrofilmeinsatzes in der medizinischen Betreuung. - In: Organisation. - Leipzig 15 (1981) 2. - S. 40-42
Eckstein, D.; Karsten, U.; Lerche, B.: Zur aktiven Nutzung der Mikrofilmtechnik (MFT) im stationären Gesundheitswesen. - In: Zeitschrift für ärztliche Fortbildung. - Berlin 76 (1982). - S. 801-802
Eckstein, D.; Rückert, J.; Heinrich, I.; Lerche, B.: Vorlagengestaltung - Bestandteil der Einsatzvorbereitung der Mikrofilmtechnik. - In: Organisation. - Leipzig 14 (1980) 2. - S. 30-40
Harhoff, S.; Eckstein, D.: Einsatz der Mikrofilmtechnik zur Speicherung und Bereitstellung patientenbezogener Informationen. - I.: Das Deutsche Gesundheitswesen. - Berlin 36 (1981) 34. - S. 1436-1439
Köhler, F. C.; Vesper, J.: Zur Aufwendung der Mikrofilmtechnik (MFT) im ambulanten Gesundheitswesen. - In: Zeitschrift für ärztliche Fortbildung. - Berlin 74 (1980) S. 870-874
Lerche, B.: Mikrofilm und Lochstreifen statt umfangreicher Patientenakten. - In: Organisation. - Leipzig 11 (1977) 6. - S. 21-24 (a)
Lerche, B: Mit Unterstützung des örtlichen Rates wurde im Kreiskrankenhaus Forst ein Beispiel zur Mikroverfilmung und archivierungspflichtigem Schriftgut geschaffen. In: Organisation. - Leipzig 11 (1977) 3. - S. 35-37 (b)
Mitteilung über die Einführung einer stationären Betreuungsdokumentation. - In: Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Gesundheitswesen. - Berlin (1981-04-05)=4
Richtlinie für die Mikroverfilmung von schrift- und Zeichnungsgut vom 19. September 1972: Auszug. - In Gesetzblatt der dDR, Teil II. - Berlin (1972-10-03)=57. - S. 625-626
Ross, E.: Die logetronosche Reprographie von Röntgenaufnahmen durch integrierte Mikroverfilmung und Archivierung. - In: Material des 5. Internationalen Kongresses für Reprographie, Prag. - Prag, 1979

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