10.

Eckstein, D. u. St. Harhoff: Zu Fragen der materiell-technischen Basis des Mikrofilmeinsatzes in der medizinischen Betreuung. Organisation 15(1981), 40-42

Seit mehreren Jahren hält die Mikrofilmtechnik schrittweise auch Einzug in den medizinischen Einrichtungen der DDR. Bekannt sind Aktivitäten vom Kreiskrankenhaus Forst (1), der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der Medizinischen Akademie Magdeburg (2), der Bezirkskrankenhäuser Schwerin, Frankfurt (Oder), Karl-Marx-Stadt und Neubrandenburg, der Poliklinik Keramische Werke Hermsdorf (3) u. a.. Zur Zeit wird in den genannten Einrichtungen in enger Kooperation mit der Leitstelle für Organisation und Leitung der Forschung und Ausbildung der TU Dresden und dem Themenkomplex "Mikrofilmtechnik in der medizinischen Betreuung" der Arbeitsgruppe des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen "Mikrofilmtechnik im Hochschulwesen" daran gearbeitet, überzeugende Modelle für den Einsatz der Mikrofilmtechnik zur Speicherung patientenbezogener Informationen (Patientenakten, apparative Aufzeichnungen, wie EKG u. a.) zu schaffen. Dabei sind gegenüber den "klassischen" Einsatzgebieten der Mikrofilmtechnik (Literatur-, Zeichnungsverfilmung) einige Besonderheiten der Medizin zu beachten:

- große Heterogenität der Vorlagen,
- Verwendung unterschiedlicher Farben bei der Dokumentation,
- Spezifische ideologische, rechtliche und materiell-technische Probleme

Nachdem bereits über die Vorlagengestaltung berichtet wurde (4), soll es nun Anliegen sein, zu den Anforderungen an die materiell-technische Basis des Mikrofilmeinsatzes in der medizinischen Betreuung Stellung zu nehmen.

Speicherung von patientenbezogenen Informationen

Nach wie vor werden die Patientenakten bei der Mehrzahl der medizinischen Einrichtungen in der DDR in der ursprünglichen Papierform aufbewahrt. Bei vielen Einrichtungen kann die Situation nicht befriedigen. Die Aufbewahrung erfolgt häufig in überfüllten Keller- bzw. Bodenräumen und entspricht damit nicht den Normen für Ordnung und Sicherheit. Die kürzlich verabschiedete Rahmenkrankenhausordnung fordert jedoch im Absatz A, Punkt 13: "Das Krankenhaus ist verpflichtet, medizinische Dokumentationen entsprechend den Rechtsvorschriften zu führen. Diese Dokumentationen sind dienstliche Unterlagen."(5) Durch die großzügige Gesundheitspolitik unseres sozialistischen Staates haben die in den letzten Jahren stark gewachsenen Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie zu einem stetigen Anwachsen der patientenbezogenen Information insgesamt beigetragen. Beispielsweise hat sich die Stärke einer Patientenakte der Medizinischen Klinik der Medizinischen Akademie Magdeburg seit 1950 im Durchschnitt etwa verdoppelt. So ist festzustellen, daß in nicht wenigen Registraturen und Archiven medizinischer Einrichtungen akute Raumsorgen existieren. Eine Lösung der Problematik ist dringend nötig, und der Mikrofilm bietet sich an, in dieser Frage Abhilfe zu schaffen.

Mikrofilme in der medizinischen Betreuung

Eine Übersicht über medizinische Einrichtungen mit Mikrofilmanwendung für die Speicherung patientenbezogener Informationen zeigt die Tabelle. Wie Analysen des Themenkomplexes "Mikrofilmtechnik in der medizinischen Betreuung" zeigen, befinden sich darüber hinaus eine ganze Reihe von Krankenhäusern im Stadium der Einsatzvorbereitung bzw.zeigen Interesse für die neue Speicherungsmethode Mikrofilm. Wie aus der Tabelle ersichtlich, sind derzeit an fünf medizinischen Einrichtungen der DDR Erfahrungen in der Arbeit mit Mikrofilm vorhanden. Die Kameras A 100, DAT 16, DAT 2 und der handelsübliche Dokumentenfilm haben somit ihren Einsatz auch bei der Verfilmung von Vorlagen aus der Medizin gefunden. Bei näherer Betrachtung (siehe Tabelle) fällt jedoch auf, daß in drei Fällen Patientenakten verfilmt werden, die "Archivcharakter" tragen, das heißt - im weitesten Sinne - abgeschlossen sind (passiver Mikrofilmeinsatz): So verfilmt die Mikrofilmstelle in Hermsdorf derzeit ausschließlich Patientenakten Verstorbener, in Schwerin und Jena wird vor der Verfilmung eine konventionelle Zwischenarchivierung der Patientenakten über Jahre vorgenommen. Das Kreiskrankenhaus Forst und die Medizinische Akademie Magdeburg, die sofort nach Abschluß der Dokumentation, das heißt nach Schreiben des Arztbriefes, verfilmen, haben sich dagegen eine Lösung vorgenommen, die auf den aktiven Mikrofilmeinsatz orientiert ist. Da jedoch diese Einrichtungen erst seit kurzer Zeit die Mikrofilme an die Nutzer (Arzt, mittleres medizinisches Personal) übergeben, kann erst in etwa einem Jahr mit entsprechenden Erfahrungen gerechnet werden. Prinzipiell sind beim Einsatz der Mikrofilmtechnik für die Speicherung patientenbezogener Informationen zwei Hauptforderungen zu formulieren: Erstens. Ein hocheffektiver Einsatz der Mikrofilmtechnik ist nur dann zu erwarten, wenn eine direkte Arbeit mit dem Film praktiziert wird. Ein "totes" Mikrofilmarchiv löst zwar Raumprobleme, aber die Vorteile, die sich durch die miniaturisierte Informationsaufzeichnung sowie aus der Möglichkeit, schnell und kostengünstig Kopien (Duplikate) anzufertigen, für die tägliche Arbeit ergeben, werden nur teilweise genutzt. Aber gerade dadurch sind wesentliche Effekte für die medizinische Betreuung, aber auch für die Forschung und Lehre im Komplex zu erwarten, denn mehrere Nutzer können gleichzeitig entsprechend ihrem spezifischem Informationsbedarf auf den aktuellen, stets vollständigen Fonds der Betreuungsdokumentation zurückgreifen. Dies war ohne Mikrofilm bisher nicht möglich. Zweitens.In Abhängigkeit vom Krankheitsbild ist mit einer unterschiedlich großen Häufigkeit der Ergänzung der Patientenakte zu rechnen. Insbesondere bei Patienten mit schweren chronischen Erkrankungen sind nicht selten mehrfache Behandlungen nötig. Somit ist also ein System zu fordern, das eine technisch einfache sowie material- und speicherökonomische Ergänzung der Mikrofilmakte zuläßt. Aus diesem Grund kann der derzeit handelsübliche Planfilm nicht optimal sein: Bei anzustrebender Sofortverfilmung müßte für jeden weiteren - möglicherweise nur wenige Tage zählenden - stationären Aufenthalt des Patienten ein neues Mikrofiche abgefertigt werden. Optimal für die Belange der Speicherung patientenbezogener Informationen wären sogenannte "lebende" Mikrofiches (6), die mehrfache, zeitlich voneinander getrennte Aufnahmen entsprechend den Ergänzungserfordernissen erlauben. Die nach der Entlassung des Patienten eintreffenden Befunde bzw. die Dokumentation weiterer stationärer Aufenthalte bzw. Betreuungsaktivitäten könnten so auf bereits bestehenden Mikrofiches realisiert werden. Gegenwärtig finden international für die Speicherung patientenbezogener Informationen auf Mikrofilm vor allem 16-mm-Rollfilm-Jackett-Systeme Anwendung. Auch bei dieser Technik kann ein den oben genannten Forderungen entsprechendes Nachfüllen, das heißt Ergänzen, relativ einfach durchgeführt werden. Eine andere, jedoch genauso beachtenswerte Forderung an die materiell-technische Basis des Mikrofilmeinsatzes ergibt sich bei der Nutzung des Mikrofilmes in der täglichen ärztlichen Praxis, z. B. während der Visite. Hier sind Handlesegeräte, die Platz in einem Arztkittel finden, und technisch verbesserte Standleseeinheiten (7) notwendig. Diese Anforderungen an die materiell-technische Basis für den Einsatz des Mikrofilms in der medizinischen Betreuung sollten in den Plänen des bilanzverantwortlichen Kombinats unbedingt Berücksichtigung finden. Dabei geht es auch um die richtigen Relationen zu konventionellen Speichermitteln und - was besonders wichtig erscheint - zur elektronischen Datenverarbeitung. Auf diese Weise wird der Mikrofilm auch bei der Speicherung patientenbezogener Informationen seinen festen Platz finden und gute Dienste zum Wohle der Patienten leisten.

Tab.: Medizinische Einrichtungen der DDR mit Anwendung der Mikrofilmtechnik für die Speicherung patientenbezogener Informationen
Einrichtung MFT-System Verfilmende Institution Verfilmung seit Aktive Arbeit m. Film seit Zwischen- archivierung Verfilmte Unterlage
Kreiskranken- haus Forst/ Lausitz 16-mm- Rollfilm DAT 16 Selbst 1976 1979 Sofortver-filmung Akten stationär behandelter Patienten
Bezirks- krankenhaus Schwerin Planfilm A 100 Fremd 1976 1978 3 Jahre Befunde des nuklearme-dizinischen Instituts
Friedrich-Schiller-Universität Jena 16-mm-Rollfilm DAT 16 Selbst 1977 Vorgesehen 5 Jahre Akten stationär behandelter Patienten
Betriebs-poliklinik VEB Keramische Werke Hermsdorf Planfilm A 100 Fremd 1978 Vorgesehen - Akten ambulant behandelter Patienten
Medizinische Akademie Magdeburg 16-mm-Rollfilm DAT 2 Selbst 1980 In Vorbereitung Sofort-verfilung Akten stationär behandelter Patienten


1 Vgl. Lerche B.: Mikrofilmtechnik zum Nutzen der Patienten. Organisation 1977/3, S. 35-37; Lerche, B.: Mikrofilm und Lochstreifen statt umfangreicher Patientenakten. Organisation 1977/6, S. 21-24.
2 Vgl. Schütz, J.; Kleine, Ch. H.: Aufgaben bei der Vorbereitungeines mikrofilmorientierten Krankenblattarchivs. Das Deutsche Gesundheitswesen, Berlin 31 (1976) 52, S. 2492-2495; Eckstein, D.; Rückert, J.; Heinrich, I.: Vorlagengestaltung - Bestandteil der Einsatzvorbereitung der Mikrofilmtechnik. Organisation 1980/2, S. 39-40; Eckstein, D.; Rückert, J.: Verbesserte Wiedergabe roter Farbtöne in Grauwerten bei der Mikroverfilmung von Patientenakten. Bild und Ton, Berlin 11 (1980) 33, S. 349.
3 Vgl. Köhler , F. C.; Vesper, J.: Zur Anwendung der Mikrofilmtechnik (MFT) im ambulanten Gesundheitswesen. Zeitschrift für ärztliche Fortbildung, Berlin 74 (1980), S. 870-874.
4 Vgl. Eckstein, D.; Rückert, J.; Heinrich, I., a. a. O.; Eckstein, D.; Rückert, J., a. a. O.
5 Anordnung über die Rahmenkrankenhausordnung. GBI. / 1980 Nr. 5 S. 29.
6 Vgl. Bilke, W.-D.: Elektrofotografische Verfahren. Bild und Ton, Berlin 33 (1980) 2, S. 37-45.
7 Vgl. Woldmann, K.: Mikrofilmlesearbeitsplatz für DL 5.3./ DL 5.2. Informatik, Berlin 27 (1980) 1, S. 29 zurück