Anlage 2
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Bemerkungen zu BILL GATES "Der Weg nach vorn"                                                   Januar 1998
 
Das Buch gibt einen ausgezeichneten Überblick zu elektronischen Medien, hervorragend sind die Kapitel zur Geschichte und eine Art Einführung in das Computerwesen (s. Kapitel 2). der Autor wagt weite Voraussagen für die nahe und auch fernere Zukunft, was ausgesprochen anerkennenswert ist.

Hinsichtlich des menschlichen Fortschritts sieht Bill Gates 'Werkzeuge als Mittler und ein großer Teil der Entwicklung beruhe darauf, daß jemand ein besseres Werkzeug erfunden hat. Dieser Denkansatz ist, wenn auch seit Jahren aus der Computerbranche häufig so vorgetragen, jedoch regelrecht falsch. Der Mensch braucht primär etwas, um seine Bedürfnisse besser zu befriedigen und dann erst erfindet jemand folgerichtig etwas Neues. (Wie die Geschichte uns lehrt, sind das nicht selten sogar zwei oder mehrere unabhängig voneinander lebende Personen mit einer nahezu gleichen Erfindung in einer gleichen Zeiteinheit?) Das Neue kann angenommen werden, wenn es gut ist oder es wird abgelehnt, wenn es nicht in die Zeit paßt.
Im Buch taucht das Problem der Langzeitarchivierung im Prinzip nicht auf, generell ist zu sagen, daß begrifflich eher von einer Speicherung gesprochen wird. Medizinische Fragen werden nicht tragend, eher beispielhaft behandelt, wobei die Gefahren der Schweigepflichtverletzung z.B. im Internet heruntergespielt erscheinen. Interessant ist, daß er auch in der fernen Zukunft konventionellen Medien wie Z.B. dem Papier eine Chance gibt (S. 187).

Ausgesprochen köstlich zu lesen ist die Beschreibung seines Hauses, insbesondere aus informationstheoretischer Sicht.
Nicht zu übersehen ist seine bekannte Meinung zu Standards bei elektronischen Medien, die insgesamt äußerst zurückhaltend, wenn nicht als ablehnend zu bezeichnen ist (S. 387). Seine Begründung, Normen würden die Innovation im Namen der Kompatibilität einschränken, ist schwer verständlich.

Ausgesprochen lesenswert sind die Bemerkungen zum Internet, auch hier trifft Bill Gates höchst interessante und mutige Aussagen für die Zukunft. Er vergleicht das Internet mit einem neuen Goldrausch. Immer wieder verweist er darauf, daß erst eine optimale Nutzung im Sinne Multimedia mit einem flächendeckendes Breitbandnetz in den späteren Jahren geschehen kann (s. auch S. 391).
Zur Frage der Sicherheit elektronischer Medien sind insgesamt gesehen widersprüchliche Informationen zu gewinnen. An einer Stelle werden diese Mittel als sicherer im Vergleich zu einem Banktresor geschildert, an anderer Stelle Sicherheitsrisiken als menschliche Schludrigkeit S. 416( und "daß zu viel Information entweicht") (wohin? Anmerkung D.E.). Wenn er schreibt, daß ein "Dokument mit digitaler Signatur das Original ersetzen wird", sagt er praktisch das deutsche Signaturgesetz voraus und hält sich gleichzeitig bedeckt, was die Rechtsgültigkeit betrifft. Die Form ist ansprechend, Bilder sind zwar sparsam eingesetzt, aber ausgesprochen illustrierend wirkend.
 



Dr. med. Dietmar Eckstein
Leiter der Unterarbeitsgruppe
 
aus: Computerrecht intern Nr. 1/ 1998, S. 13


Deutschland: Beweiswert elektronischer Krankendokumente

Korrigiert hat das Bundesministerium der Justiz (BMJ) Meldungen der Tagespresse, digital gespeicherte Krankenunterlagen würden künftig als Urkunden im Sinne der Zivilprozessordnung anerkannt. Nach Auskunft des BMJ hat sich an der bisherigen Rechtslage, wonach solche Dokumente Objekte des Augenscheins darstellen, nichts geändert.
Anlass der Presseberichte war die Einführung eines elektronischen Archivs in der Heidelberger Universitätsklinik. Verschiedene Zeitungen (etwa die Stuttgarter Zeitung v. 18. 9. 1997) erklärten, das baden-württembergische Wissanschaftsministerium habe in Absprache mit dem BMJ die "Übernahme der elektronischen Führung der Akten in den Regelbetrieb" genehmigt.
Dabei wurde der Verwaltungsdirektor des Heidelberger Universitätsklinikums, Manfred Rummer, mit der Äußerung zitiert, eines der Probleme bei der Einführung der neuen EDV Dokumentation sei die Zivil prozessordnung aus dem Jahre 1877 gewesen, die den Urkundsbeweis nur durch Originalakten zulasse.
Das BMJ habe jedoch zugesagt, das künftig auch auf Festplatten gespeicherte Krankenhausdokumente anerkannt würden. Deshalb könne man künftig auf Papierakten verzichten.

Die Redaktion von COMPUTER UND RECHT hat vom BMJ dazu folgende Stellungnahme erhalten:

"... Bedauerlicherweise handelt es sich bei dem von Ihnen erwähnten Artikel ... um eine Fehlinformation ... Die beweisrechtliche Einordnung von EDV-Datenträgern sowie von Ausdrucken aus EDV-Dateien erfolgt nach den beweisrechtlichen Vorschriften der Zivilprozessordnung. Beweisrechtliche Sondervorschriften für EDV-Datenträger sowie deren Ausdrucke existieren nicht. Ihre beweisrechtliche Einordnung obliegt im Einzelfall den Gerichten; beide werden von der gerichtlichen Praxis in der Regel als Augenscheinsobjekte angesehen und unterliegen damit den Regeln des Augenscheinsbeweises. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie in Ihrer Fachzeitschrift klarstellen könnten, daß das Bundesministerium der Justiz keine vom geltenden Recht abweichenden Zusagen gemacht hat." (Schreiben der Pressestelle des BMJ v. 19. 11. 1997).

Wichtiger Haftungshinweis:
Der Übergang zum elektronischen Führen von Patientenakten unter Verzicht auf Papierakten kann versicherungsrechtlich als Gefahrerhöhung anzusehen sein. Eine rechtzeitige Verständigung darüber mit dem Haftpflichtversicherer der jeweiligen Klinik ist daher dringend geboten. (EE)
 
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